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1200 Seemeilen liegen in unserem Kielwasser
Morgens um halb vier werde ich wach weil ich höre, wie der Wind auffrischt. Ich stehe auf und werfe einen Blick zu Ralph, der im Steuerstand die Stellung hält. Ich muss nicht mal fragen, schon sagt er. Ja, der Parasailor muss runter. 22 Knoten Wind bringen unser Lieblingssegel an seine Grenzen. Ich mag es gar nicht, dieses Manöver nachts zu fahren. Aber es hilft ja nichts. Eigentlich ist es gar nichts anderes als am Tag. Nur der Kopf hat eben dunkel.
Wir haben dieses Manöver schon unzählige Male ohne Schwierigkeiten bewältigt und ich weiss gar nicht richtig, was mein Problem damit ist. Also los. Rettungsweste an, Taschenlampe schnappen, Deckslicht einschalten, Handschuhe anziehen, Motoren anwerfen und an meine Position stehen, nämlich ins Heck zur Lee Leine. Ralph wartet schon mit den Leinen vom Bergesack vorne am Bug. Um etwas Druck aus dem Segel zu nehmen habe ich auf beiden Motoren leicht Gas gegeben. Auf Ralphs Kommando fiere ich die Lee Leine, das Segel klappt zusammen und Ralph zieht den Bergesack darüber. Fertig. Der Parasailor wird in seine Luke versorgt und dann fahre ich in den Wind, das Grossegel muss hoch und die Genua raus. Im Großsegel braucht es ein Reff, damit wir nicht gleich wieder am Limit fahren. Nach 20 Minuten ist es geschafft.
Für die Nichtsegler unter meinen Leserinnen und Lesern, hier ein kleines Vokabular:
Ein Parasailor ist eine spezielle Art von Vorsegel (also ein Segel, das vorne am Boot gesetzt wird) für den Einsatz bei achterlichem Wind (Wind von hinten). Er ähnelt einem Spinnaker, hat aber zusätzlich ein aufblasbares „Flügel“-Element in der Mitte.
Die Lee-Leine ist eine Leine (also ein Seil), die auf der dem Wind abgewandten Seite (Lee) eines Segels oder Auslegers angebracht ist.
Fieren bedeutet, eine Leine nachzugeben oder zu lösen , also kontrolliert locker zu lassen. So wird z. B. ein Segel weniger dicht angezogen, es kann sich mehr aufblähen oder wird ganz geborgen.
Ein Reff ist eine Vorrichtung oder Methode, um die Fläche eines Segels zu verkleinern, wenn der Wind zu stark wird. Praktisches Bild: Du krempelst dein Segel ein Stück ein , wie einen Ärmel, den du hochkrempelst, damit es nicht zu viel Wind einfängt.
Am Morgen setzen wir den Parasailor erneut und nun können wir wirklich von Champagersegeln berichten. Bei flachem Wasser rauschen wir mit 8 Knoten dem Ziel entgegen. Wir informieren die Behörden, dass wir deutlich früher ankommen als geplant. Morgen werden wir nach gut 1200 Seemeilen unser Ziel, den Einklarierungshafen Levuka in Fidschi erreichen. Wir sind fröhlich und witzeln, dass wir auch noch eine Woche anhängen könnten. Denn dann wären wir in Australien….
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Kommentar von Lotti |
Liebe Barbara
Deine Erkenntnisse so unterwegs sind erheiternd und schön.( nur der Kopf hat dunkel/ Regen ist ja nur Sonne mit Drama...) Mögen sie für immer fest in dir verankert bleiben!
Herzlichen Glückwunsch zu eurer Ankunft!
Das Champagnersegeln zum Schluss war ja ein wunderbares Geschenk!
Ich freu mich sooooooo fest auf euch!
Kommentar von Hans Graber |
Ich gönne Euch den Champagner von Herzen.
Wohl verdient, für die Sehnsucht im Herbst.
Herzlich Hans